Die Bundesregierung hat den Solidaritätszuschlag (im Volksmund „Soli“) ab 2021 für ca. 90 Prozent der Steuerzahler abgeschafft. Das gilt nicht für Großverdiener (zu versteuerndes Einkommen über 96.409 Euro, bei Ehegatten 192.818 Euro), Sparer und Kapitalgesellschaften, z. B. GmbHs. Diese Ausnahmen von der Befreiung des „Soli“ müssen wohl als fiskalpolitisch motiviert bezeichnet werden. Viele Konservative und Liberale finden das ungerecht.

Wenn ich in dem Zusammenhang an Gerechtigkeit denke, frage ich mich, warum der „Soli“ überhaupt abgeschafft wird. Natürlich weiß ich, dass der Solidarpakt zugunsten der ostdeutschen Bundesländer zeitlich bis 2019 befristet war. Aber zur Beachtung des Sozialstaatsprinzips unserer Verfassung (Artikel 20 Abs.1 Grundgesetz / GG) wäre es vertretbar gewesen, die Belastung durch den „Soli“ aufrecht zu erhalten. Nicht nur aus kosmetischen Gründen wäre dafür ein Einbau in den Einkommensteuer-Tarif zu empfehlen, was von Sozialpolitikern teilweise auch gefordert, von den Medien aber selten berichtet wurde.

Denn von der Abschaffung des „Soli“ profitieren nicht die Geringverdiener, Rentner und Sozialhilfeempfänger, also die Bedürftigen in diesem Land. Die wenigsten Bürger wissen, dass der „Soli“ auch heute schon nur bezahlt werden muss, wenn die persönliche Einkommensteuer für das betreffende Jahr 972 Euro (bei Ehegatten 1.944 Euro) übersteigt. Daher muss z. B. eine Familie mit zwei Kindern und einem Alleinverdiener (Steuerklasse 3) bei einem monatlichen Bruttoarbeitslohn bis 4.500 Euro auch bisher schon keinen „Soli“ zahlen. Sie profitieren also von der Abschaffung des „Soli“ nicht und würden sich sicherlich die Erhebung der Abgabe zur Finanzierung von Investitionen in Bildung und Infrastruktur wünschen. Aber der Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat ja leider das Dogma der „schwarzen Null“ von seinem Vorgänger, Wolfgang Schäuble (CDU) übernommen und die Abschaffung des „Soli“ unterstützt.

C° Dipl.-Finw. Detlef Arendt, Steuerberater, Haan (Rheinl.)